Im aktuellen "Policy Brief" des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) fasst Dr. Christian Rammer die neuesten Erhebungszahlen zur steuerlichen Forschungszulage (SFZ) zusammen und leitet Handlungsempfehlungen ab. Er resümmiert, dass das vergleichsweise junge Förderisntrument wachse und gedeihe.
Trotz zahlreicher warnender Gegenstimmen (z. B. Belitz et al. 2017) wurde das Förderprogramm Anfang 2020 in Deutschland eingeführt. Schnell war festzustellen, dass sich weit weniger Unternehmen um die SFZ bemühten als von den Befürwortern erwartet. Das lag aus Sicht des ZEW Forschers Rammer hauptsächlich an drei Gründen:
- Der bürokratische Aufwand war von Anfang an zu hoch. Viele SFZ-Befürworter erwarteten einen weit geringeren Aufwand im Vergleich zu Programmen der Projektförderung. Dass nun auch SFZ-Antragsteller beim Finanzamt oder der Bescheinigungsstelle ihre Aufwendungen entsprechend der geplanten oder konkret durchgeführten Forschungsarbeiten projektweise beschrieben werden mussten, überraschte viele und schreckte vor allem Unternehmen mit vielen kleinen FuE-Vorhaben ab.
- Die Deckelung der Maximalsumme anrechenbarer FuE-Aufwendungen auf anfänglich 2 Millionen, dann 4 Millionen Euro machte das Förderprogramm vo rallem für Großunternehmen unattraktiv. Zwar war der Fördersatz mit 25 % hoch angesetzt -- höher als in den meisten Ländern, die ein steuerliches Forschungsförderprogramm unterhalten --, dennoch war der Beantragungsaufwand für max. 0,5 bis 1,0 Millionen Euro Steuerentlastung zu hoch.
- Der schwerwiegendste Verhinderungsgrund lag allerdings in seinem Gegenteil: Gerade kleine und kleine mittlere Unternehmen unterhalten häufig gar keine oder keine ausreichend großen Forschungsabteilungen, so dass erst keine ausreichend umfänglichen FuE-Aufwendungen hätten steuerlich geltend gemacht werden können.
Das Ergebnis:
- In den viereinhalb Jahren seit der Programmeinführung stellten nur ca. 19.000 Unternehmen SFZ-Anträge.*
- Diese stellten 36.500 Anträge, für ca. 45.000 FuE-Vorhaben.
- Knapp drei Viertel dieser Vorhaben wurden vollständig (54 %) oder teilweise (19 %) positiv beschieden.
- Insgesamt wurden FuE-Aufwendungen in Höhe von 31,5 Milliarden Euro geltend gemacht; was zu Steuerersparnissen auf Unternehmensseite in Höhe von insgesamt rund 8 Milliarden führte.
* [Zum Vergleich: Das BMWE-geförderte Projektförderprogramm "Industrielle Gemeinschaftsforschung" (IGF, jährl. Budget 180 Millionen Euro) für die vorwettbewerbliche Vorlaufforschung erreicht jedes Jahr 20 bis 25 Tausend Unternehmen mit einem dichten Transfer von Zwischen- und abschließenden Ergebnissen der innovationsrelevanten Projekte aus der risikobehafteten Frühphase der Innovationsschöpfung.]
Um die Attraktivität des Förderprogramms für die Wirtschaft zu erhöhen, wurden die Förderbedingungen seit 2020 dreimal geändert und zwar auf dreierlei Weise:
- Die anrechenbaren förderfähigen Aufwendungen wurden erweitert. Zu den seit Anfang an förderfähigen Personalaufwendungen und externen FuE-Aufträgen kam 2024 die Förderfähigkeit von Sachanlageinvestitionen und kommt ab 01.01.2026 die Förderfähigkeit von Sachaufwendungen hinzu.
- Die Deckelung der förderfähigen Aufwendungen wurde beziehungsweis wird angehoben, von anfänglich 2 Millionen Euro Mitte 2020 auf 4 Millionen Euro, im März 2024 auf 10 Millionen Euro, und ab Anfang 2026 wird die Deckelung bei 12 Millionen Euro liegen.
- Der Fördersatz für KMU stieg im März 2024 von 25 % auf 35 %. Nach Inkrafttreten der neuesten Änderung zum kommenden Jahreswechsel soll das jährliche Fördervolumenen auf rund 4 Mrd. Euro angewachsen sein.
Der KMU-Anteil der SFZ-aktiven Unternehmen sank erwartungsgemäß mit den bisherigen Anhebungen der Deckelung der förderfähigen Aufwendungen, von anfänglich 61 % auf inzwischen 48 %. Das beschlossene und zum kommenden Jahreswechsel inkrafttretenden Investitionssofortprogramm beinhaltet jedoch sowohl die Anhebung des Deckels der förderfähigen Aufwendungen als auch die Aufnahme der Sachaufwendungen als förderfähig. Damit soll ein weiterer Rückgang des KMU-Anteils entgegengewirkt werden. Einer Modellrechnung des Mannheimer Innovationspanels zufolge wird mit diesen Anpassungen eine Ausweitung der Anzahl SFZ-aktiver Unternehmen um 124 % gegenüber des Startzeitpunkts der SFZ Anfang 2020 erreichbar sein, bei gleichbleibendem KMU-Anteil an den SFZ-aktiven Unternehmen.
Quelle: Rammer, C. (2025): Forschungszulage: Ein neues Förderinstrument wächst und gedeiht. ZEW Policy Brief 25-09, 9 S. [Hyperlink]