IGF-Projekt: 21802 BG (2021 - 2024)
Die Anwendung optischer Methoden in der medizinischen Diagnostik und in der industriellen Fertigungs- und Prozessmesstechnik ist zurzeit fast ausschließlich auf frei zugängliche Strukturen beschränkt. Für schwer zugängliche oder innenliegende Bereiche können zwar flexible Endoskope eingesetzt werden, diese müssen allerdings aufwendig für jeden Anwendungsbereich entwickelt werden. Sollen die Endoskope dünn (insbesondere für minimal-invasive Einsätze) sein, ist bisher nur eine 2D-Bildgebung möglich. Eine 3D-Bildgebung ist bisher nur mit Endoskopen mit einem Durchmesser von mehreren Millimetern möglich. Viele innovative Anwendungen, beispielsweise in der dimensionellen Messtechnik und bei minimal-invasiven medizinischen Eingriffen, wie die Einbringung von Cochlea-Implantaten im Innenohr oder die in-vivo-Tumordiagnostik, erfordern jedoch kleinere Durchmesser im Sub-Millimeter-Bereich und eine 3D-Bildgebung mit hinreichender räumlicher Auflösung von einigen Mikrometern. Viele medizinische Eingriffe werden daher zurzeit noch ohne unterstützende Bildgebung durchgeführt.
Ziel des Projekts HoloScope war die Entwicklung eines Demonstrators eines kostengünstigen und flexibel einsetzbaren linsenlosen Endoskops mit einem Durchmesser unter 0,5 mm, welches zur 3D-Bildgebung mit Auflösungen im 1-μm-Bereich verwendet werden kann. Hierzu sollten neuartige und fortschrittliche optische Faserbündel für die robuste Übertragung vollständiger 3D-Lichtinformationen, d. h. Betrag und Phase des elektromagnetischen Lichtfeldes, entwickelt werden. Da die komplexe Übertragungsfunktion des Faserbündels die zu übertragenden 3D-Informationen überlagert, müssen die dynamischen Phasenstörungen im Endoskop robust, schnell und präzise holografisch vermessen und beispielsweise durch den Einsatz elektro-optischer Elemente (Flächenlichtmodulatoren) oder numerisch kompensiert werden. Leistungsfähige und echtzeitfähige Konzepte zur dynamischen Kalibrierung des Endoskops sollten erforscht und kombiniert werden. Vielfältige Anwendungspotenziale lägen zum Beispiel in der Medizintechnik und der Fertigungsmesstechnik.
In dem Projekt konnte zur Herstellung maßgeschneiderter Faserbündel ein skalierbarer Fertigungsprozess erfolgreich entwickelt werden. Dieser basiert auf einem mehrstufigen Prozess, bei dem ein Bündel aus Glasstäben zu einer Faser bzw. einem Faserbündel ausgezogen wird. Dieser Vorgang des „Bündelns und Ausziehens“ (engl. stack and draw) wird iterativ durchgeführt. Die finale Faser hat einen Durchmesser von 450 μm und führt in bis zu 1.800 individuellen Kernen das Licht verlustarm auf mehreren Metern Länge.
Parallel wurde ein Verfahren entwickelt, um ein diffraktives optisches Element (DOE) mittels Zwei-Photonen-Polymerisation – einem generativen Verfahren im Nanometerpräzisionsbereich – direkt auf die Faserfacette aufzudrucken. Durch diesen Ansatz können zwei Herausforderungen zugleich gelöst werden:
1) Die inhärenten Phasenstörungen der individuellen Faserkerne können korrigiert werden, sodass die statische Übertragungsfunktion des Faserbündels vollständig kompensiert wird.
2) Durch ein Profil im DOE aus konzentrischen Ringen unterschiedlicher Höhe wird die Übertragungsfunktion der einer Linse angenähert, sodass hinter der Faser ein Fokus entsteht und die Faser als ultradünne Linse genutzt werden kann.
Zudem konnte durch eine Verdrillung des Faserbündels eine Unabhängigkeit der optischen Übertragungsfunktion bezüglich des dynamischen Deformationszustands der Faser erreicht werden. Das finale Resultat ist eine ultradünne (minimal-invasive) und dynamisch verformbare faseroptische Linse für die 3D-Bildgebung in der Endoskopie.
Im Projekt konnte eine 3D-Bildgebung mit einer Wiederholrate von 20 2D-Bildern/Sekunde (150 x 150 x 600 μm3/Sek) demonstriert werden. Zudem wurde lateral eine Auflösung von ca. 1 μm sowohl für die Weitfeldbildgebung als auch für Raster-Scan-Aufnahmen erreicht.
Das entwickelte ultradünne linsenlose Endoskop kann in verschiedenen Bereichen genutzt werden: Es kann z. B. bei minimalinvasiven medizinischen Verfahren durch detaillierte Bilder die Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten verbessern. In der industriellen Fertigung kann es einerseits zur Inspektion und Qualitätskontrolle von schwer zugänglichen oder komplexen Bauteilen eingesetzt werden. Anderseits ermöglicht es in der Wartung und Instandhaltung von Maschinen und Anlagen eine detaillierte Untersuchung ohne Demontage, wodurch Zeit und Kosten eingespart werden können.
Da der entwickelte Herstellungsprozess leicht skalierbar ist, wird eine wirtschaftliche Herstellung der Fasern in großen Stückzahlen ermöglicht. Als Resultat wird die mittelständisch geprägte Photonik- und Medizintechnik-Branche gestärkt, da sich neue Geschäftsmöglichkeiten und Einnahmequellen ergeben.
Weiterhin bieten das entwickelte Messverfahren und die Korrekturmöglichkeit der Kern-zu-Kern-Dispersion die Möglichkeit, Dienstleistungen im Bereich der Faseroptik anzubieten, die zumeist von KMU durchgeführt werden.
Laufzeit: 01.04.2021 - 31.03.2024
Beteiligte Forschungseinrichtungen
Eingebundene Unternehmen
(Projektbegleitender Ausschuss, "PA")
ASML Berlin GmbH
Carl Zeiss Meditec AG
Von diesen Unternehmen beteiligen sich bisher die Unternehmen ASML Berlin GmbH, Carl Zeiss Meditec AG, CeramOptec GmbH, FiberWare GmbH, JENOPTIK Industrial Metrology GmbH, LASER COMPONENTS Germany GmbH und Sikora AG an der Deckung der auf freiwilliger Basis durch die Wirtschaft zu tragenden Administrationskosten. Die F.O.M. bedankt sich im Namen der begleitenden Branchen.
BMWK-Förderung
Abschließende Ergebnisse
Weitere Informationen für eingebundene PA-Unternehmen
Die Projektergebnisse wurden am 13. Juni 2024 auf dem Innovationstag Mittelstand des BMWK in Berlin präsentiert.