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08.09.2019

"Sollen wir mit dem Beginn der Forschung noch warten?"

Unsicherheiten durch erwartete steuerliche Forschungsförderung hemmen Innovationsaktivitäten der Industrie

Das Gesetzgebungsverfahren zum neuen "Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung" (Forschungszulagengesetz; FZulG), mit dem die Bundesregierung Anreize für eine Intensivierung der industriellen Innovationsaktivität setzen möchte, soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden und das FZulG in Kraft treten. Umso mehr überrascht, dass wichtige Aspekte immer noch nicht final geklärt zu sein scheinen – zumindest wurden die finalen Gesetzeskonditionen bisher nicht veröffentlicht.

Die Industrie jedoch benötigt jetzt endlich Planungssicherheit. Uns erreichen in diesen Monaten immer wieder Anfragen, ob Wirtschaftsunternehmen mit dem Start eigener Forschungsaktivitäten zu einer neuen Innovationsidee warten sollen. Ansonsten, so befürchten viele, ließen sich ihre FuE-Arbeitskosten im Zusammenhang mit einem innerbetrieblichen Forschungsprojekt steuerlich nicht geltend machen. Diese Unsicherheit ist nicht unbegründet.

Was kann als gesichert angenommen werden?

Es sind nur FuE-Vorhaben steuerlich förderbar, die nicht vor Inkrafttreten des FZulG begonnen wurden

In § 8 Abs. 1 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum FZulG vom 17.06.2019 heißt es, "Die Forschungszulage kann nur für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben [...] beansprucht werden, mit deren Arbeiten nach dem [Datum des Inkrafttretens des FZulG] begonnen wird". In Absatz 2 heißt es weiter, dass nur Aufwendungen gefördert werden sollen, die in den FuE-Vorhaben nach dem 31.12.2019 von Arbeitnehmern bezogen wurden.

Hier stellt sich natürlich für Unternehmen mit dringlichem Forschungsbedarf die Frage nach der individuellen Möglichkeit, bis zum Beginn des Begünstigungszeitraums, also bis zum Datum des Inkrafttretens des FZulG oder bis zum 01.01.2020 (je nachdem, welches Datum später eintritt), Voruntersuchungen oder separierbare Arbeitspakete durchzuführen, die aus einem geplanten Forschungsvorhaben inhaltlich gänzlich ausgeklammert werden können und somit gegebenenfalls bereits begonnen werden dürfen. Für alle anderen Arbeitspakete des Gesamtvorhabens, die nach Beginn des Begünstigungszeitraums durchgeführt werden, kann dann die steuerliche Forschungsförderung beantragt werden, lediglich für das ausgeklammerte Arbeitspaket, das für die Geltendmachung im Rahmen der steuerlichen Forschungsförderung zu früh durchgeführt wurde, nicht. (Für die in dieser Art separierten und vor Beginn des Begünstigungszeitraums durchgeführten Forschungsarbeiten darf anschließend sogar keinesfalls die steuerliche Forschungsförderung beantragt werden, da dies ansonsten den Straftatbestand des Subventionsbetrugs erfüllen würde. Bitte lassen Sie sich im Zweifelsfall vorab rechtlich beraten.)

Es soll ein zweistufiges Prüfverfahren geben

  1. In einem ersten Schritt hat das Förderung-beantragende Unternehmen das zu fördernde FuE-Vorhaben in einem ersten Antrag ausführlich darzustellen. Durch eine noch zu benennende geeignete zentrale Stelle, außerhalb der Finanzverwaltung, soll das grundsätzliche Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen und die grundsätzliche Förderwürdigkeit dieses Forschungsvorhabens bescheinigt werden.
  1. Für den zweiten Schritt müssen zwecks Nachweis der förderfähigen Aufwendungen die entsprechend geleisteten Arbeitsstunden je Arbeitnehmer beziehungsweise Einzelunternehmer aufgezeichnet und dargestellt werden. Mit diesen Zahlen ist der tatsächliche förderfähige Aufwand zu ermitteln, da dieser auf 2 Mio. Euro pro Unternehmen und Jahr gedeckelt ist. Diese Daten sind in einem zweiten, voraussichtlich elektronisch ausfüllbaren Antrag einzutragen und dem jeweils zuständigen Finanzamt zu übersenden. Dieses setzt die Forschungszulage im darauffolgenden Wirtschaftsjahr  fest.

Die Bescheinigung soll bereits vor dem Projektbeginn beantragt werden können (Schritt1), was zu einer höheren Sicherheit im Hinblick auf den Anspruch auf Förderung führt. Die Beantragung der Forschungszulage (Schritt 2) soll erst nach Erfolgen der förderfähigen Aufwendungen möglich sein.  

WAS IST NOCH UNSICHER?

Sind die FuE-Arbeitsaufwendungen bei Auftragsforschung auftraggeberseitig oder auftragnehmerseitig geltend zu machen?

Ob Auftragsforschung auftraggeberseitig (international üblich, von der Industrie weithin gefordert und vom Bundesrat empfohlen [BR-Drucksache 242/1/19, S. 5, und BT-Drucksache 19/11728, S. 3]) oder auftragnehmerseitig (FZulG-Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17.06.2019) geltend gemacht werden kann, ist insbesondere für mittlere Unternehmen von Bedeutung, die keine eigene Forschungsabteilung unterhalten und bei ihren Innovationsaktivitäten auf die Möglichkeit zur Vergabe von Forschungsaufträgen angewiesen sind. Seit der Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf und nach Anhörung von AiF, Industrieverbänden und Vertretern einzelner Unternehmen sowie Wirtschaftsforschungsinstituten im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 09.09.2019 wird die Anrechenbarkeit von FuE-Arbeitsaufwendungen der Auftragsforschung erneut geprüft.

WELCHE ALTERNATIVE MÖGLICHKEIT HABEN KLEINE UND KLEINE MITTLERE UNTERNEHMEN OHNE FORSCHUNGSABTEILUNGEN (UND ALLE ANDEREN UNTERNEHMEN), KOSTENGÜNSTIG AN INNOVATIONS-RELEVANTES TECHNOLOGIE-KNOWHOW ZU KOMMEN?

Die beiden zentralen Forschungsförderprogramme des Bundeswirtschaftsministeriums, "Industrielle Gemeinschaftsforschung" (IGF) und "Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand" (ZIM), unterstützen themenoffen vorwettbewerbliche Vorlaufforschung und Prototypentwicklung. Für mehr Informationen zu diesen Förderprogrammen steht Ihnen die F.O.M. jederzeit gerne zur Verfügung.

 

Quellen:

-   Gesetzentwurf der Bundesregierung zum FZulG vom 17.06.2019: BT-Drucksache 19/10940.

-   Empfehlungen des Finanzausschusses, des Ausschusses für Kulturfragen und des Wirtschaftsausschusses des Bundesrats zur Stellungnahme gem. Art. 76 Abs. 2 GG: BR-Drucksache 242/1/19 vom 18.06.2019.

-   Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung: BT-Drucksache 19/11728 vom 17.07.2019.